Die Wiedergeburt des Drag
Wenn etwas klar ist, dann dass die spanische und europäische Dragszene stärker wieder auflebt denn je. Wir erinnern uns mit Nostalgie an jene Jahre, in denen Drag von anderen Künstlern respektiert wurde, von Unternehmern geschätzt und von der Öffentlichkeit beklatscht. Es scheint, dass die weltweite wirtschaftliche Krise, die wir „durchschritten“ haben, bewirkt hat, dass das Kollektiv abnahm, weil die Events und die Nacht sich neu einstellen mussten auf die neue Wirtschaftssituation ihrer Kunden. Deshalb wurden weniger Drags für Shows angestellt und viele Profis mussten aus ihrer Stadt wegziehen und/oder sich andere Beschäftigungen suchen, um zu überleben.
Trotzdem denken wir, dass das internationale Dragkollektiv gerade eine Wiedergeburt erlebt. Die neuen Generationen des Drag kommen stärker denn je, zum Teil begünstigt durch den einfachen Zugang zu sozialen Netzwerken und neuen Technologien, die es ermöglichen, von praktisch jedem Ort der Welt aus bekannt zu werden und außerdem Arbeitsutensilien zu erwerben: Kleidung, Schuhe in großen Größen, Perücken, Make-Up… und nicht nur das, außerdem sind unzählige Tutorials im Internet verfügbar, auf denen Nutzer tolle Schminktricks für Anfänger zeigen und austauschen, Tipps wie man die Perücken frisiert, wie man ein ordentliches Tucking durchführt, wie man die Schattierung der Brüste schminkt, und auch wie man sie versteckt und sich Bart und Schnauzer anbringt im Falle von Drag Kings.
Diversidrag
Denn ja, das Dragkollektiv setzt sich nicht nur aus Drag Queens zusammen, es gibt auch Drag Kings, nicht-binäre Drags, Faux Queens (Bio-Queens, Hyperqueens, Female Queens), Dragkreaturen und Dragmonster, Drag-Kids… das Dragkollektiv ist so breit wie die Personen unterschiedlich, so groß wie die Kreativität, die jeder Künstler im Besonderen für sein Drag aufbringen kann, und so verschieden wie die Zahl der Profis, die um diese Kunst kreisen und teilhaben an diesem Erschaffungsprozess. Das örtliche Dragkollektiv, das nationale und das weltweite, sie sind zusammengesetzt aus KÜNSTLERN (Darsteller*innen, Humorist*innen, Redner*innen, Sänger*innen, Tänzer*innen, Make-Up-Künstler*innen, Frisör*innen, Schneider*innen… usw), die ihre Kreativität dazu nutzen, uns zu unterhalten, uns zum Nachdenken zu bringen, ein ander Mal um uns zu unterrichten und immer, um eine vergängliche Fantasie zu erschaffen, die erscheint und verschwindet wie durch Magie. Kunst in Bewegung, die man an einigen Szeneorten genießen kann, die aber immer noch nicht genügend gewürdigt wird, wie sie es in der Gesellschaft verdient hätte.
Die Bewegung
Das Konzept von #visibilidrag begann im Januar 2018 mit einem Hashtag auf Instagram, angetrieben von Madrid aus durch den Fotograf und Drag ERREBEENE, und wurde weiter vorangetrieben im September 2018 mit dem Start von DRAG IS BURNING aus Barcelona, ins Leben gerufen und befördert vom Grafikdesigner und Illustrator RUBEN ANTÓN.
Das Ziel
2019 ist das Ziel, das Dragkollektiv sichtbar zu machen durch den Hashtag #visibilidrag und den Instagramaccount VISIBILIDRAG, auf dem die Liebhaber und Anhänger dieser Kunst willkommen sind, ebenso wie jede Art von Drags: Queens, Kings, Nicht-binäre, Faux Queens, Kreaturen, Kids… ohne deren Erfahrung, die Zeit, die sie in Drag verbringen, oder ihren Wohnort zu beurteilen oder zu beachten.
Dieses Projekt wurde geboren um #visibilidrag einem Kollektiv zu geben, das arbeiten muss um zu überleben, denn in diesem Augenblick sind sehr wenige so glücklich, dass sie Shows geben können, dass sie eine feste Anstellung an einem oder mehreren Orten haben und sich ausschließlich dem Drag widmen können. Lasst uns die Bedeutung dieser Kunst hervorheben und dafür sorgen, dass sich das Kollektiv weiterentwickelt. Lasst es uns überraschen und inspirieren. Lasst uns erreichen, dass diese Bewegung allen ihren Held*innen Arbeit und Anerkennung bieten kann.
Übersetzt von Christian Spoo. Originaltext auf Spanisch von Rubén Antón – Januar 2019.